Bewohnerinterview mit Familie Severin

In der Siedlung Affoltern lebt das kreative Ehepaar Daniel und Alice Severin mit ihren beiden Söhnen. Daniel, Design Director bei einer renommierten Markenberatung, und Alice, talentierte Kostümschneiderin und Designerin, teilen nicht nur ihre Leidenschaft für Design, sondern auch ein aussergewöhnliches Hobby. Im Interview erzählen sie, was sie an ihrer Nachbarschaft besonders schätzen und wie der Zusammenhalt in der Siedlung aussieht. Erfahren Sie mehr über das Leben und die kreativen Projekte der Familie Severin.

14. Juni 2024

Ein Mieterporträt mit Familie Severin.

Alice und Daniel, ihr wohnt seit 2012 hier in Zürich Affoltern. Erzählt uns doch, wie es dazu kam.

Ganz klassisch. Wir erwarteten das erste Kind und brauchten etwas mehr Platz. Unsere 70m2 Wohnung am Bucheggplatz war uns zu wenig kindertauglich, also machten wir uns auf die Suche. Alice fand auf Homegate genau diese Wohnung und wir bewarben uns sofort. Danach ging es schnell. Wir konnten innerhalb von drei Tagen die Wohnung besichtigen und unterschreiben. Einem Umzug nach Affoltern stand nichts mehr im Weg.

Während der Pandemie wurde der Zusammenhalt auf eine harte Probe gestellt. Wie habt ihr diese Zeit erlebt?

Für uns war es relativ entspannt. Das Home Schooling ging gut und da wir ein Atelier haben, konnten wir uns fürs Home Office dahin zurückziehen. Wir haben zudem schon lange einen guten Zusammenhalt in der Siedlung. Man hilft sich gegenseitig und organisiert Feste. Als die Pandemie begann und alle im Lockdown zuhause sassen, merkte die SiKo schnell, dass wir etwas für die Motivation der Siedlungsbewohnenden tun müssen. Ein Mieter ist Getränkehändler und stand vor einem Lager voller Getränke, welche er nicht ausliefern konnte. So führte das Eine zum Anderen und die Balkon-Apéros entstanden. Jeden Freitag nach Feierabend trafen sich ein paar Frohheimer auf dem Siedlungsparkplatz und packten Getränke in Kartons, welche wir in den Häusern verteilten. Wir prosteten uns dann jeweils von den Balkonen aus zu und sangen Happy Birthday für die Geburtstagskinder. Das hat die Siedlung noch stärker zusammengeschweisst und die Apéros wurden praktisch die ganze Pandemie durch weitergeführt.

«Für uns lebt die BGF durch die Bewohnerinnen und Bewohner sowie durch die Aktivitäten der SIKO.»

Familie Severin

Gibt es Aktivitäten, um den Zusammenhalt unter den Mietenden zu fördern?

Es gibt eine ganze Menge. Wir haben im Siedlungslokal eine Bar, welche immer mal wieder öffnet und einen sehr grossen Anklang findet. Zudem gibt es spezifische Feste. Beispielsweise das Sechseläuten oder ein Street Food Festival, Adventskranzbasteln, Kinderkino oder Jugendtreff. Speziell hervorheben würden wir gern die Halloweenparty. Hier haben wir uns den etwas unorganisierten “Trend” mit Süssem oder Saurem zu eigen gemacht und das in der ganzen Siedlung durchorganisiert. Die Häuser sind geschmückt und die Wohnungen markiert, bei denen man läuten darf. In der Mitte der Siedlung befindet sich jeweils der Kiosk mit Glühwein, Kürbissuppe und weiteren Naschereien. Unterdessen ist es auch so, dass halb Affoltern in die Siedlung pilgert, um Süssigkeiten abzustauben.

Auch Ausflüge organisiert die SiKo. So gibt es zum Beispiel einen jährlichen Ausflug in den Europapark oder einen Skitag nach Elm.

Daniel und Alice Severin während dem Interview.

Wie erlebt ihr die BGF? Vielleicht im Vergleich zu der letzten Genossenschaftswohnung?

Wir hatten noch keine Familie und arbeiteten beide viel. Wir orientierten uns eher in Richtung Stadt und waren nicht wirklich aktiv in der Siedlung. Das war auch okay, da die Siedlung weit weniger aktiv als hier in Affoltern war. Für uns lebt die BGF durch die Bewohnerinnen und Bewohner sowie durch die Aktivitäten der SiKo. Wobei man präzisieren muss: Es gibt die SiKo, aber auch noch ganz viele freiwillige Helfer und Helferinnen, welche die ganzen Aktionen mitplanen und unterstützen.

Jetzt gibt es ein etwas ungewöhnliches Hobby, das ihr beide habt. Erzählt doch mal!

Wir sind als ganze Familie aktiv in der sogenannten Living History oder “Lebendige Geschichte”. Wir stellen eine Epoche der Geschichte so detailgetreu nach wie möglich. In unserem Fall ist es das Hochmittelalter um 1180 n.Chr. Wir sind in einem Verein und arbeiten mit Museen zusammen und bringen Besuchern eine lebendige Art der Geschichtsvermittlung näher. Die “Comthurey Alpinum” sieht man oft auf Schloss Lenzburg oder an anderen historischen Veranstaltungen.

Man muss sich das so vorstellen: Alle Kleider und Ausrüstungsgegenstände eines damaligen Menschen werden nach Funden, Abbildungen oder Textquellen so genau wie möglich rekonstruiert. Dadurch wird eine Art lebendiges Museum geschaffen.

Dani, du hast in einem Fernsehbeitrag die Unterwäsche im Mittelalter erwähnt. Was trug man denn dazumal so drunter?

Gute Frage! Alice ist die Spezialistin, was historische Kleidung angeht. Sie vermittelt an den Veranstaltungen auch viele Informationen zur Kleidung, textilem Handwerk und der Entwicklung der Mode. Wenn es um Mode geht, darf man die Unterwäsche nicht aussen vor lassen. Aber es ist nicht ganz einfach. So gerne man im Mittelalter die farbenfrohe Kleidung malte und beschrieb, so selten kümmerte man sich um die Beschreibung der Unterwäsche. Sicher ist, dass es Unterhemden aus Leinen gab und bei den Männern eine weite, lockere Leinenunterhose; die sogenannte “Bruoche». Aus dem Spätmittelalter kennen wir auch BHs für Frauen und einfache Unterhosen. Aber für unsere Zeit um 1200 n.Chr. liegt die Unterwäsche der Frau noch ziemlich im Dunkeln.

 

Fotoimpressionen

Alice, du hast nach deiner Ausbildung als Damenschneiderin eine Weiterbildung zur Theaterschneiderin absolviert und betreibst in der Siedlung dein eigenes Atelier. Mit was beschäftigst du dich dort?

Unser Atelier ist unser Herzstück. Dani arbeitet da als Designer, wenn er im Home Office ist, aber hauptsächlich nutze ich es. Nachdem ich die Ausbildung zur Theaterschneiderin abgeschlossen hatte, habe ich lange Zeit nicht mehr in diesem Bereich gearbeitet. Ich habe an der ZHdK Design studiert und in anderen Bereichen Erfahrungen gesammelt. Durch unser Hobby Living History wurde ich aber immer mehr gefragt, ob ich nicht die historischen Kleider nähen möchte. Als dann die Kinder kamen, war für mich der Zeitpunkt ideal, um mich selbständig zu machen.

Ich habe mich auf historische Kostüme spezialisiert. Ein Grossteil meiner Arbeit besteht aus Recherche und Konzeption. Wie die Kostüme zur damaligen Zeit ausgesehen haben, mit welchen Materialien gearbeitet wurde und auch, welche Geschichte der Träger des Kostüms erzählen will. Ich arbeite dabei vor allem für Privatpersonen oder Museen. Neben den historischen Kostümen schlägt mein Herz aber auch für Fantasy- und Science-Fiction Kostüme, wo ich dann meiner Fantasie freien Lauf lassen kann.

«Wir finden es super, weil so viele Freunde in der Siedlung wohnen.»

Damien und Kilian

Nun zurück in die Gegenwart. Was treibt ihr sonst so in eurer Freizeit?

Im Winter sind wir gerne im Schnee und die ganze Familie fährt Snowboard. Daniel ist als Leutnant in der Milizfeuerwehr der Stadt Zürich aktiv und oft an Übungen oder ab und zu an Einsätzen. Alice singt noch in einem Chor, macht aber gerade eine Pause. Und natürlich haben die Kinder noch eigene Hobbys wie Reiten, Karate und Cevi.

Ihr habt zwei Kinder, die hier ganz in der Nähe zur Schule gehen. Wie erleben sie die Gemeinschaft hier?

Die Kinder rufen von der Seite rein: “Wir finden es super, weil so viele Freunde in der Siedlung wohnen, weil die Migros so nahe ist und weil in der Siedlung der Natur gut geschaut wird”. Bei Damien sind 11 Kinder aus der Siedlung in der Klasse. Und Anlässe wie der Jugendtreff sind immer Highlights.

Zum Schluss kommt noch die gute Fee und ihr habt einen Wunsch frei: Was darf’s denn sein?

Daniel möchte gerne jeweils ein paar Stunden mehr im Tag. Alice ist derselben Meinung. Sie möchte mehr Zeit für die eigenen Kostüm-Projekte haben, wie zum Beispiel eine Science-Fiction-Rüstung und ein Belle Epoque Kleid. Grundsätzlich aber sind wir zufrieden, wie es gerade ist. Wir sind allgemein schon zufrieden wie es gerade ist.

Familie Severin