Umso schöner ist das Wiedersehen nach längerer Pause. Pünktlich um 12 Uhr sind alle Angemeldeten da und warten hungrig auf die Vorspeise, einen knackigen Gartensalat mit hausgemachtem Dressing. «Ich geniesse es, für einmal nicht kochen zu müssen», sagt Edith Germann, die in der Siedlung Riedgraben wohnt. «Jedes Mal sind die Tische so liebevoll dekoriert und die Stimmung ist angenehm.» Francisco Lumbiarres doppelt nach: «Wir haben bisher nur einmal gefehlt.»
Genossenschafterinnen und Genossenschafter aus anderen Siedlungen treffen, das ist einer der Hauptgründe, wieso die Teilnehmenden gerne dabei sind. «Gerade für die neuzugezogenen 60+ ist dieser Anlass besonders wertvoll», beobachtet Isabella Vogt, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Nóra Turay vom Bereich Kulturnetz der Frohheim einmal pro Monat diesen Anlass im Saal an der Anna-Heer-Strasse 2 organisiert.
ANNA kocht für 60+
Das Küchenteam des Restaurants ANNA zaubert ein leckeres Menü für symbolische 5 Franken. Serviert wird es von den Organisatorinnen. «Früher haben alle selbst geschöpft, heute servieren wir aus hygienetechnischen Gründen – mit dem Vorteil, dass dies dem Anlass Ruhe gibt», sagt Isabella Vogt, während sie das schmackhaft duftende Chili con Carne mit Reis und Bohnen auf die Teller schöpft. Auch die Sitzordnung wurde angepasst. Während man früher an Tischreihen sass, bieten heute quadratische Tischformationen mehr Abstand und bessere Kommunikationsqualität.
Wer fehlt, wird vermisst
An den Tischen wird rege diskutiert: Enkelkinder, geplante Ferien, Sprachbarrieren bei Fremdsprachen, Ausstellungen und wohnortspezifische Probleme mit lauten Nachbarn oder die geplante Wohnstrasse am Brüderhofweg kommen zur Sprache. Vom Thema Pandemie keine Spur. «Wir haben keine Angst – lange genug haben wir auf den Mittagstisch verzichten müssen», tönt es an einem Tisch. Vom November 2020 bis Juni 2021 musste der Anlass aus bekannten Gründen pausieren.
An einem anderen Tisch werden noch einige Teilnehmenden, die sonst immer dabei sind, vermisst. «Vielleicht haben sie doch Angst? Oder der Weg ist ihnen zu weit?», rätseln sie. Diese Anteilnahme imponiert den Organisatorinnen: «Es ist schön zu sehen, wie sich die “Stammgäste” des Anlasses umeinander sorgen und nachfragen, wenn einzelne Teilnehmerinnen und Teilnehmer abwesend sind.» Die Teilnehmerzahl ist unbeschränkt, jedoch gemäss den BAG Bestimmungen nur mit einem gültigen Covidzertifikat möglich.
Aktive Seniorengruppe am Riedgraben
Für die BGF ist dieser Anlass wichtig, um die Befindlichkeit der älteren Genossenschafterinnen und Genossenschafter zu spüren. «Wir erfahren, wo unser Einsatz gefragt ist und geschätzt wird», sagt Nóra Turay. Handlungsbedarf scheint es am Brüderhofweg zu geben. «Der Mittagstisch ist die einzige Möglichkeit, sich zu treffen – das Interesse wäre da, aber das Angebot fehlt», bedauert Johann Dienbauer. Francisco Lumbiarres spornt ihn an, selbst etwas zu lancieren: «Bei uns im Riedgraben gibt es Aktivitäten, weil wir sie aktiv organisieren – du musst Initiative zeigen.»
Die Seniorengruppe im Riedgraben trifft sich alle zwei Wochen, besucht Ausstellungen oder spielt sonntags Pétanque. Dienbauer gibt ihm recht und ist sich gleichzeitig bewusst, dass Corona den angedachten Ideen (Tanznachmittage, Lesetreffs, Trüffelspaziergang) von Nóra Turay und Isabella Vogt einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Das Kulturnetz-Team freut sich, dass die Nachfrage da ist: «Wir hoffen sehr, dass wir im nächsten Jahr wieder mehr für den Zusammenhalt innerhalb 60+ tun können.» Während sich die einen nach einem Kaffee in die Siesta, die anstehenden Veloferien oder eine Ausstellung verabschieden, begibt sich eine kleine Gruppe an einen Tisch, um zusammen einen Jass zu klopfen. Ein Gewinn war dieser Anlass für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowieso.