Willkommen im «Kleinen Museum»

Unter den BGF-Genossenschafterinnen und -Genossenschaftern hat es verborgene Talente. Zum Beispiel Künstler und Freigeist Werner Kunz, der seine vier Wände zu einem Museum gemacht hat. Alle sind willkommen! Wir haben ihn in Uster besucht.

20. September 2021
Willkommen im «Kleinen Museum» image

«Vielseitig» – so umschreibt sich Werner Kunz, der seit vielen Jahren Genossenschafter der Frohheim ist und kürzlich seinen 80. Geburtstag feiern durfte. Aus seiner Wohnung an der Heusser-Staub-Strasse 2 in Uster hat er ein «Kleines Museum» gezaubert. Das steht bereits am Briefkasten. Wer hier Gemälde mit Portraits, Landschaften oder Stillleben erwartet, wird überrascht. Die Werke aus 16 Jahren sind alles andere als einseitig – von Portraits über Fotos bis hin zu computergenerierten Bildern und Dokumentarfilmen. Vielseitig eben, so wie es der Charakter des Künstlers ist. Er, der in Glattfelden, dem «Gottfried-Keller-Dorf», aufgewachsen ist.

BGF Uster Kunst von Werner Kunz

Wer ins Museum kommt, braucht Zeit

Seine Kunst fordert die Betrachterinnen und Betrachter heraus. «Die Botschaft der Ausstellung kann man nicht in einer Stunde fassen, dafür braucht es Zeit.» Alles unter vier Stunden bringe nicht viel. Zum Nachdenken bringen und einen Diskurs anregen: Das ist das grosse Anliegen von Kunz. Der Verkauf seiner Werke ist für ihn nebensächlich. «Ich erfinde nichts, sondern bilde ab, was ich auf einer anderen Ebene, sagen wir auf einer spirituellen, als “Nachricht” erhalte.»

Diese «Nachrichten von jenseits» sieht Kunz seit Kindheit. «Das sind keine Erfindungen meinerseits, ich bin sehr kritisch mir gegenüber.» Er folge keiner Religion, sondern sei ein Freigeist. Seit Jahrzehnten meditiert Kunz, seit Jahren macht er Yoga und einst hat er eine Gesundheitspraxis geführt. Als gelernter Eisengiesser ist Kunz aber auch ein technischer Mensch und ein «Tüpflischiesser» oder, schöner gesagt, ein Perfektionist.

BGF Uster Kunst von Werner Kunz
BGF Uster Kunst von Werner Kunz

Skizzierkurs im Pensionsalter

Erst als er pensioniert wurde, fand der Vater von drei erwachsenen Kindern Zeit und Musse, sich die Fähigkeiten anzueignen, die es braucht, um das auf Papier oder Leinwand abzubilden, was er vor Augen sieht. In einem Kurs der Migros Klubschule in Oerlikon hat Kunz erst das Skizzieren, dann das Portraitieren und schliesslich das Fotografieren gelernt. So sind die ersten Ausstellungen entstanden. Heute fühlt er sich jedoch eher als «Museumsdirektor» denn als Künstler.

 

Zeit des Dialogs

Seit 2016 pausiert Kunz’ kreative Ader. Damals erkrankte er an Krebs, worauf ihm vor zwei Jahren der Kehlkopf entfernt werden musste. Seither kommuniziert er mithilfe einer Kanüle (Stimmprothese). «Jetzt ist die Zeit für den Dialog darüber, was die Menschen in der heutigen globalen Situation brauchen und suchen – viele haben Angst.» Dafür scheut er keine Gelegenheit: «Wenn ich das Gefühl habe, ich habe etwas zu sagen, dann sage ich es – egal ob im Tram oder irgendwo sonst.»

Seine Partnerin Luisa, die während des Gesprächs dazugestossen ist, bestätigt dies mit einem Augenzwinkern. Während er die Musik für einen gemeinsamen Tanz mit Luisa, einer gebürtigen Sardinierin mit Musik im Blut, wählt, sinniert er: «Wieso sind wir hier auf dieser Welt? Um zu lernen! Wir müssen lernen, selber zu denken.» Er fasst Luisas Hand und wirbelt mit ihr strahlend durch das Wohnzimmer.

Werner Kunz mit seiner Frau am Tanzen