Bewohnerinterview mit Brigitte Brasser und Peter Trauffer

Brigitte Brasser und Peter Trauffer wohnen seit 2017 in der Siedlung Riedgraben. Beide sind pensioniert, Frau Brasser arbeitete als Schulleiterin an einer zweisprachigen Privatschule, Herr Trauffer als Psychologe. Sie sind beide sehr aktiv in der Siedlung und engagieren sich in verschiedenen Bereichen.

26. März 2024

Ein Mieterporträt mit Brigitte Brasser und Peter Trauffer

Zusammen haben sie neben den regelmässigen 60+ Treffen (mit der Kochgruppe von Brigitte) auch das Angebot «Riedgraben digital» aufgebaut. Gemeinsam mit Nóra Turay (Kulturnetz BGF) ist Peter auch beim Sozialreport Schwamendingen aktiv. Wir haben die beiden spannenden Personen zum Interview getroffen.

Brigitte und Peter, wie seid ihr zur BGF gekommen und wie lange lebt ihr schon hier?

Brigitte: Ich bin im Kanton Aargau aufgewachsen und habe dort auch als Lehrerin gearbeitet. Vor zwanzig Jahren bin ich nach Zürich gezogen, wo ich bis zu meiner Pensionierung als Schulleiterin an öffentlichen Schulen und an einer zweisprachigen Privatschule gearbeitet habe. Immer habe ich «nebenbei» verschiedene Aufgaben und Hobbys übernommen und gepflegt. Dazu passt das Zitat von Albert Einstein: «Ich habe keine besondere Begabung, ich bin nur leidenschaftlich neugierig». Meine Neugier kann sich auf alles richten, auch auf unbekanntes Terrain.

Ab 2003 wohnten wir im aufstrebenden Quartier Zürich Nord und konnten die rasante Entwicklung miterleben. Der Wunsch nach mehr Ruhe und Beschaulichkeit führte uns immer wieder ins Tessiner Malcantone und bald war klar, dass wir nach unserer Pensionierung dort leben wollten, zumal wir uns als «Zücchin» (Einwanderer aus dem Norden) in Curio bald heimisch fühlten. Wir lebten uns schnell ein und nahmen aktiv am Dorfleben teil. Peter lebte nach seiner Pensionierung mehrheitlich im Tessin, uns blieb in Zürich eine kleine möblierte Dachwohnung im Kreis 7. Doch es kam anders. Trotz Integration und Engagement zog es Peter als Zürcher zurück nach Zürich. Ich war darüber nicht unglücklich, zumal wir die Verbindungen und Freundschaften zu Curio pflegen.

Die Suche nach einer grösseren Wohnung war nicht einfach. Oerlikon  war wieder im Fokus und so stiessen wir auf das Inserat der BGF. Schnell war klar, dass wir uns für eine Wohnung bewerben wollten. Peter war zum Glück schon über 65. Die Pläne der Überbauung und die Gespräche mit der Verwaltung überzeugten uns. Auch die Idee, in einer Genossenschaft zu wohnen. Überglücklich konnten wir Ende September 2017 in den Riedgrabenweg 56 einziehen.

«Schnell war klar, dass wir uns für eine Wohnung bei der BGF bewerben wollten.»

Brigitte Brasser

Ihr engagiert euch in der Siedlung Riedgraben. Was motiviert euch dazu?

Brigitte: Ich habe mich schon immer vielseitig engagiert. Meine Motivation war meine Neugier, aber auch die Möglichkeit, verschiedene Menschen und Kulturen kennenzulernen. So bin ich auch offen und neugierig in das Genossenschaftsleben eingetaucht, eine neue Erfahrung. Nach dem Einzug haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, etwas für das Zusammenleben zu tun. Mit Unterstützung des Kulturnetzes und der Siko startete die Gruppe 60+ am 1. Oktober. 2018, dem Tag der älteren Menschen. Motiviert durch die engagierten Mitbewohnenden und die Ergebnisse der Bedürfnisabklärung, starteten Peter und ich unser Engagement in der Siedlung. Zuerst in kleinem Rahmen, ab 2019 im Siedlungslokal.

Peter: Ich bin in einer Genossenschaft in Albisrieden aufgewachsen und habe während meines Studiums immer in Wohngemeinschaften gelebt. Ich bin es also gewohnt, mit meinem Umfeld zu leben. In den letzten 20 Berufsjahren habe ich in 33 Gemeinden Aktionsgruppen und Präventionsgemeinschaften aufgebaut und begleitet. Diese lange Gewohnheit wirkt automatisch weiter.

Brigitte Brasser und Peter Trauffer vor dem Siedlungslokal Riedgraben.

Welche Vorteile seht ihr in der Zusammenarbeit mit anderen Bewohnenden?

Brigitte: Gemeinsam statt einsam – so könnte das Motto unserer Gruppe 60+ lauten. Aber auch Miteinander und Füreinander. Gemeinsam Zeit verbringen, gemeinsam etwas auf die Beine stellen, sich gemeinsam für etwas einsetzen, in kleinen oder grösseren Gruppen etwas unternehmen können – ohne grossen Aufwand. Regelmässige Treffen machen es möglich, auch kurzfristig etwas zu organisieren. Die Arbeit in der Siko bzw. das Engagement als Freiwillige ermöglicht die Zusammenarbeit mit anderen Mitbewohnenden und ist deshalb schon ein Vorteil.

Peter: An unserem Zweitwohnsitz in einem kleinen Dorf im Tessin erleben wir, wie das intensive Miteinander der Dorfbewohnenden ein schönes Gefühl von Wohlbefinden und “Zuhause sein” vermittelt. Wir möchten hier bei der BGF zu Hause sein und dies auch den anderen Bewohnenden erleichtern.

Wie könnte die BGF das Engagement von Mieterinnen und Mieter fördern?

Brigitte: Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, etwas für die Gemeinschaft zu tun. Aber es funktioniert nicht einfach so. Die BGF kann die Idee des genossenschaftlichen Wohnens und die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, aufzeigen. Das Kulturnetz ist sehr aktiv und hat eine enorm wichtige Aufgabe und Wirkung. Veranstaltungen werden initiiert und unterstützt. Auch Ehrenamtliche finden sich so leichter(er). Die Durchmischung der Generationen funktioniert zwar auf dem Papier (gute Mieterauswahl durch die BGF), aber meines Erachtens nicht im Alltag der Siedlung. Die BGF kann/fördert Engagement durch Bereitstellung von Infrastruktur und Mitteln. Wertschätzung ist wichtig – und das macht die BGF vorbildlich.

Peter: Mit weiteren Veranstaltungen, zu denen alle Bewohnenden eingeladen sind und die so richtig Spass und Lust auf Wiederholung machen. Mit dem Versprechen, diejenigen finanziell und fachlich zu unterstützen, die so weitermachen wollen.

Was würdet ihr anderen Mieterinnen und Mietern empfehlen, die sich engagieren möchten?

Brigitte: Ich würde den Mitbewohnenden unbedingt empfehlen, sich mit Ideen, Anliegen, Wünschen, freiwilligem Engagement an die Siko oder das Kulturnetz zu wenden und/oder Gleichgesinnte zu suchen. Die Siko-Mitglieder können unterstützen und wären Ansprechpersonen für neue Genossenschafterinnen und Genossenschafter. Allerdings ist dies derzeit schwierig, die meisten Siko-Mitglieder sind schlicht überlastet.

Peter: Organisieren Sie irgendetwas, das Ihnen und damit vermutlich auch den anderen Bewohnenden Spass macht. Kochen, essen, tanzen, lesen, etc. Irgendetwas. Wenn es ihnen gefällt, kommen sie wieder.

 

Fotoimpressionen

Was ist euch persönlich am wichtigsten am genossenschaftlichen Zusammenleben?

Brigitte: Für mich ist es wichtig, Leute in der Nähe zu wissen, die ich erreichen kann, wenn es nötig ist. Die Freundschaft und die Sorge füreinander sind in der Gruppe 60+ gross und geben viel.

Peter: Das Gefühl, hier in einer «Dorfgemeinschaft» zu Hause zu sein.

«Wir möchten hier bei der BGF zu Hause sein und dies auch den anderen Bewohnenden erleichtern

Peter Trauffer

Wie hat sich die Siedlung Riedgraben seit eurem Einzug verändert?

Brigitte: Wir haben uns von Anfang an engagiert, interessiert und gekümmert. Das hat Türen geöffnet und Kontakte ermöglicht, vor allem in der Gruppe 60+ – dank der Infrastruktur, der Unterstützung der BGF und dem neuen myBGF-App.

Peter: Vom Leben im anonymen Wohnblock zum Leben in der Gemeinschaft, zumindest unter uns Alten.

Was wünscht ihr euch für die Zukunft der Siedlung?

Brigitte: Ich wünsche mir, dass sich die Siedlung weiter entwickelt – mit Unterstützung der BGF und mit dem Engagement vieler Bewohnenden. Ich wünsche mir auch, dass es eine Möglichkeit gibt, gemeinsam mit den Bewohnenden Ideen zu spinnen, Orte zu schaffen, sich zu treffen, Projekte anzupacken und – generationenübergreifend – zu geniessen.

Peter: Weiter so, aber mit verstärkter Integration über die Altersgrenzen hinweg.

«Ich bin einfach glücklich, in der Siedlung zu wohnen und zu leben

Brigitte Brasser

Was würdet ihr der BGF mit auf den Weg geben?

Brigitte: Eine Reorganisation der Sikos ist wichtig. Rollen und Aufgaben müssen geklärt werden. Die Sikos haben über die Jahre viel geleistet, aber die Bedürfnisse haben sich geändert. Es müssen neue Strukturen und Möglichkeiten geschaffen werden, um möglichst vielen den Zugang zu den (vorhandenen) Mitteln zu ermöglichen.

Was ist euer persönliches Highlight aus Ihrer Zeit in der Siedlung Riedgraben?

Brigitte: Ich bin einfach glücklich, in der Siedlung zu wohnen und zu leben. Ich habe Schwamendingen lieben gelernt, geniesse die kurzen Wege  und das vielfältige Angebot im Quartier und in der Stadt. Als kinderloses Paar fühlen wir uns gut aufgehoben und wissen, dass immer jemand für uns da ist. Das Schönste ist aber sicher, dass wir mit der Gruppe 60+ eine tragfähige Gemeinschaft geschaffen haben.

Peter: Die ruhige, schöne Lage und die netten Begegnungen mit unseren Nachbarn 60+.

Peter Trauffer und Brigitte Brasser