Das Miteinander reizt mich

Haben Sie eine Idee, die das Zusammenleben in der Siedlung fördern würde? Wissen Sie aber nicht genau, wie umsetzen? Genau dann steht Ihnen Andrej Lehmann als Fachperson für Soziokultur des BGF-Kulturnetzes gerne zur Seite.

25. Oktober 2022

Zuhören. Ganz wichtig für die Arbeit von Andrej Lehmann bei der BGF.

«Die Idee ist nicht, dass wir als eine Art BGF-Eventteam fixfertig organisierte Anlässe in den Siedlungen durchführen, sondern die Genossenschafterinnen und Genossenschafter bei der Umsetzung ihrer eigenen Ideen unterstützen», so Andrej Lehmann. Seit März 2022 gehört er als Fachperson für Soziokultur in einem 80-Prozent-Pensum mit Nóra Turay und Isabella Vogt zum Kulturnetz. Der soziale Bereich der BGF hat in den letzten fünf Jahren an Bedeutung gewonnen. «Unser Angebot ist bekannt und es wird rege genutzt», freut sich das Team. Deshalb wird der Bereich Kulturnetz mit der zusätzlichen Stelle gefördert. «Stellen mit einem sozialen Auftrag sind rar bei Genossenschaften, umso mehr freue ich mich über diesen Job», sagt Lehmann.

Vom Elektroinstallateur zum Sozialen
Der 36-jährige Quereinsteiger stammt aus der Region Baden, engagiert sich in seiner Freizeit ehrenamtlich und voller Elan in Dorfvereinen und einem Tierheim. Schon früh haben ihn soziale Themen angesprochen. Während seiner Lehre als Elektroinstallateur hat er mit seinem Lehrmeister eine Lehrlingswerkstatt aufgebaut und sich als Klassenältester gerne der Sorgen der Jüngeren angenommen. Nach einem Abstecher in ein Ingenieurbüro hat Lehmann über die berufsbegleitende Matura die soziale Arbeit kennen gelernt. «Das Soziale, zusammen eine Kultur, ein Miteinander aufzubauen und zu leben, fasziniert mich.» In den letzten Jahren hat er sich während und nach seiner Ausbildung zur Fachperson für Soziokultur besonders der Kinder- und Jugendförderung gewidmet.

Für weniger starre Mitwirkung
Das wesentlich breitere Arbeitsfeld bei der BGF reizt ihn, besonders das ganze «System» füreinander zu sensibilisieren. «Genossenschaften haben den wichtigen gesellschaftlichen Auftrag, die Mitbestimmung und das Zusammenleben zu fördern.» Bei der Frohheim ist ein genossenschaftliches Engagement zum Beispiel im Rahmen der Siedlungskommissionen (Sikos) möglich. Lehmann stellt aber auch fest, dass es viele Genossenschafterinnen und Genossenschafter gibt, die sich themenspezifisch engagieren, aber sich zum Beispiel nicht für zwei Jahre (Amtszeit der Sikos) fix verpflichten möchten. «Genau diese starren Strukturen versuchen wir zu lockern und Möglichkeiten der Partizipation zu schaffen, die weniger lange verpflichtend, aber dennoch attraktiv sind.»

Jede Siedlung hat ihre eigene Identität
Nach und nach lernt Lehmann die 16 Siedlungen, ihre Bewohnenden und deren Verständnis von Zusammenleben kennen. Jede Siedlung hat ihre ganz eigene Identität. Das Kulturnetz werde hierbei immer eine aussenstehende Rolle haben und nie Teil einer Siedlung sein – was auch völlig in Ordnung sei, meint er. «Oft hat man von aussen erst den Eindruck, dass es gar kein Zusammenleben gebe, bei genauerem Hinsehen ändert sich das aber.» So gibt es beispielsweise Spazier- oder Wandergruppen, die sich selbständig organisieren und keine Unterstützung seitens des Kulturnetzes benötigen. «Ausserdem muss uns das Zusammenleben ja nicht rapportiert werden», sagt Lehmann schmunzelnd.

Poolfahrzeug mit Equipment
Jeder Arbeitstag ist anders: Sikos oder freiwillige Gruppierungen wie die IG Spielplatz, welche sich für einen neuen Spielplatz in ihrer Siedlung eingesetzt hat, begleiten oder im Rahmen von Anlässen das Gestalten des Miteinanders unterstützen. Die Vielfalt gefällt Lehmann: «Ich bin gerne unterwegs und umgehe so, nur am Bürotisch zu sitzen.» Dabei ist die Mobilität zwischen A und B in der geografisch weit verzweigten BGF eine Herausforderung. Vor allem wenn das Team Material für Anlässe transportieren muss. Deshalb wird ein Poolfahrzeug mit einer Grundausrüstung, die zum Beispiel für einen Kaffeetreff oder einen Kinderspielnachmittag genutzt werden kann, angeschafft. Ein Poolfahrzeug deshalb, weil so ein grösstmöglicher Mehrwert für viele Nutzende entstehen soll und nicht nur für Einzelpersonen.

«Mir wurde gesagt, dass ich eine vermittelnde Rolle zwischen Siedlungen, Sikos und der Geschäftsstelle hätte – das finde ich eine sehr zutreffende Umschreibung meiner Tätigkeit.»

Andrej Lehmann

«S Zämecho im Suteracher»
Momentan ist Lehmanns Ziel, intern zu zeigen, was möglich wäre, beziehungsweise Ideen anzustossen. So wurden bereits einzelne Anlässe gemeinsam mit Freiwilligen durchgeführt: «S Zämecho im Suteracher» mit einer Jassgruppe am Morgen, einem Kinderspielnachmittag inklusive Zvieri und einem Grill und Pizzawagen am Abend. «Das ist ein grossartiges Beispiel eines Miteinanders von Helferinnen und Helfern, Externen und uns.» Das sei auch gut so: «Alle sollen sich beteiligen.» Ein anderes Beispiel: Am Brüderhofweg entstand im Mai gemeinsam mit den dortigen Ateliers der «Tag der offenen Ateliers». So sollen die vielfältigen Angebote der Ateliers in der Siedlung bekannter gemacht und allfällige existierende Berührungsängste abgebaut werden.

Wenn das Eis bricht…
Die zahlreichen Begegnungen freuen ihn: «Ich wurde offen empfangen, klar gab es auch kritische Gespräche, um mich und meine Haltung zu scannen.» Schmunzelnd stellt er fest, dass seine Tattoos vereinzelt skeptisch betrachtet wurden. «Sobald wir aber in Kontakt gekommen sind, ist das Eis sprichwörtlich gebrochen.» Besonders positiv in Erinnerung ist ihm eine Aussage: «Mir wurde gesagt, dass ich eine vermittelnde Rolle zwischen Siedlungen, Sikos und der Geschäftsstelle hätte – das finde ich eine sehr zutreffende Umschreibung meiner Tätigkeit.»

Lehmanns nächstes Projekt ist die Einführung der myBGF-App, eines Austauschtools für die Bewohnenden aller Siedlungen.